Informationen und Implikationen für die Praxis
Ergebnisse vaterspezifischer Stressbedingungen – Empfehlungen für eine bessere Vereinbarung von Beruf und Familie für Väter
Erwartungen an die Männlichkeit, Vaterschaft und väterliche Vorbilder – Empfehlungen für eine angemessene väterliche/männliche Vertrautheit mit Kindern
Beschreibungen über den Umgang mit Vätern durch staatliche Wohlfahrtsinstitutionen und Schulen oder bei präventiven und therapeutischen Maßnahmen für Kinder – Empfehlungen für eine sinnvolle Beteiligung von Vätern hinsichtlich der Gesundheit, Entwicklung und Bildung ihrer Kinder
Ergebnisse vaterspezifischer Stressbedingungen – Empfehlungen für eine bessere Vereinbarung von Beruf und Familie für Väter
Männer sind oftmals größeren Herausforderungen bzw. Stress am Arbeitsplatz ausgesetzt als Frauen. Sie arbeiten länger, sind häufiger in leitenden Positionen, reisen öfter oder sind in physisch-anstrengenden Arbeiten eingesetzt oder in Schichtarbeit häufiger zu finden als Frauen. Schon von daher sind Männer im Zusammenleben mit ihren Kindern eingeschränkt. Egal ob ein Mann auch Vater ist oder nicht, sie alle werden außerdem von ihren Arbeitgebern nach denselben Kriterien bewertet (Williams, 2000). Und sie werden auch weiterhin als ideale Arbeitnehmer betrachtet, obwohl dies mit der heutigen Auffassung über die Gleichheit von Mann und Frau in unserer modernen Gesellschaft nicht übereinstimmt und der steigende Zahl von Vollzeit-Müttern entgegensteht (Matzner, 1998; UNECE Statistical Division, 2011).
Über lange Zeit haben diese Mütter die Vereinbarkeitsprobleme von Beruf und Familie ihren Partnern gegenüber artikuliert. In der Folge wurde die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu einem kritischen Thema auch für Väter, und zwar sowohl für Büroangestellte als auch für Arbeiter (Jacobshagen, Amstad, Semmer & Kuster, 2005). Um Empfehlungen für die Lebenszufriedenheit von Männern geben zu können, wird Projekt II vor allem jene Ressourcen erforschen, die Männer verwenden, um eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie unter unterschiedlichen Arbeitsbedingungen zu etablieren.
Im Extremfall könnte man nach folgendem Szenario fragen: Was wäre, wenn Väter die Kinderbetreuung und den Haushalt übernähmen, während die Mütter einer Vollzeitbeschäftigung nachgingen? Studien über die Lebenszufriedenheit und Gesundheit (z.B. Spruijt & Duindam, 2003; Stolzenberg 2001) argumentieren, dass die eheliche Zufriedenheit und das Selbstbewusstsein der Väter beeinträchtigt sein könnte, wenn ER zuhause ist und SIE arbeitet (vgl. auch DAK, 2010; Kapella & Rille-Pfeiffer, 2011). Die CENOF Forschungsstudie wird deshalb versuchen, die Analyse über die zeitliche Investition von Vätern im Zusammenleben mit ihren Kindern auch auf das väterliche Selbst-Bewusstsein zu beziehen. Die Ergebnisse können insbesondere für Empfehlungen in der Partner-, Eltern- und Familienberatung sehr hilfreich sein. Darüber hinaus sind angemessenere Empfehlungen für das Sorgerecht naheliegend, da Väter bei Scheidungen bereits aufgrund der höheren beruflichen Beanspruchungen benachteiligt und ihre Kinder schon aufgrund dessen den Müttern zugesprochen werden, obwohl der eine oder andere Vater unter Umständen auch die bessere Bezugsperson wäre. Eine der Hauptzielstellungen der CENOF Forschungsstudie ist es deshalb, den Zusammenhang zwischen dem Stressniveaus im Beruf, dem Zeitpensum, das Väter in ihre Kinder bzw. in die Vater-Kind-Beziehung investieren und die väterlichen Beziehungsqualitäten zu untersuchen, um evidenz-basierende Argumente für oder gegen die gängige Rechtsprechung zu finden.
Erwartungen an die Männlichkeit, Vaterschaft und väterliche Vorbilder – Empfehlungen für eine angemessene väterliche/männliche Vertrautheit mit Kindern
Die Kluft zwischen der ursprünglichen Absicht, in Kinder zu investieren, und ihrer späteren Realisierung ist bei Männern ziemlich groß (z.B. Rhoads & Rhoads, 2012). Bedeutet dies, dass Väter mehr gesellschaftlichen Druck benötigen als Mütter, um sich um ihre Kinder zu kümmern? Seligman (1970) behauptet, dass Männer keine Disposition gegen Kindererziehung haben, sie seien jedoch auch nicht speziell für Kindererziehung vorbereitet. Von daher könne ein aktives Engagement von Vätern im Umgang mit Kindern auch fragwürdig sein.
Das väterliche Engagement wird in allen CENOF Projekten in vielen Facetten untersucht. Allerdings wird es insbesondere in Projekt V in den Blick genommen, wo Vaterschaft aufgrund von Frühgeborenen und Mehrlingskindern, die bekanntlich ein hohes Maß an aufmerksamer Fürsorge erfordern, maximiert werden muss. Was können Väter unter solchen extremen Bedingungen leisten und welchen Effekt hat dies für die Kinder? Steigende Zahlen von Frühgeborenen und Mehrlingskindern stellen für den Kinderarzt, das Gesundheitswesen und die vielen Beratungszentren eine Herausforderung dar, die auch Hinweise benötigen, die für den Umgang von Vätern mit diesen Kindern zugeschnitten sind.
Unglücklicherweise werden väterliche Bezugspersonen und Vorbilder als weniger wirksam erachtet als mütterliche. Dies kommt möglicherweise daher, dass Kinderbetreuung typischerweise nach weiblichem Verhalten beurteilt wird. Typisch männliches Verhalten wie beispielsweise riskante Kämpfe, Mutproben oder physische Wettbewerbe werden dagegen als wertlos angesehen. Herumalbern, Fluchen und Schimpfen und das Verdrängen realer Probleme sowie das Ausblenden von Gefühlen werden abgelehnt (Bornstein, 2002; Collins, Madsen & Susman-Stillman, 2002; Pope-Edwards & Liu, 2002).
Auf der anderen Seite kann ein zärtlicher Kontakt von Männern mit Kindern als problematisch betrachtet werden. Da sexueller Missbrauch vorwiegend von Männern begangen wird (95.8% Männer, Bundeskriminalamt 2011), haben sie ein größeres Risiko, fälschlich verdächtigt zu werden. Männer sind daher gezwungen, zärtlichen Kontakt mit Kindern zu vermeiden. In starkem Kontrast dazu stehen Kampagnen wie Mehr Männer in öffentliche Kindereinrichtungen! (initiiert vom Europäischen Sozialfonds und dem deutschen Ministerium für Familie), die dringender denn je die Notwendigkeit unterstreichen, männliches Verhalten gegenüber Kindern vor allem in der Öffentlichkeit in den Blick zu nehmen. Projekt V und VI der CENOF Forschungsstudie will deshalb versuchen, das bestehende Wissen über die Unterschiede von Vätern und Müttern im Verhalten zu Kindern zu erweitern und auszudifferenzieren, um vor allem auch pädagogisch aufzuklären.
Beschreibungen über den Umgang mit Vätern durch staatliche Wohlfahrtsinstitutionen und Schulen oder bei präventiven und therapeutischen Maßnahmen für Kinder – Empfehlungen für eine sinnvolle Beteiligung von Vätern hinsichtlich der Gesundheit, Entwicklung
Der Beitrag von Vätern am Leben ihrer Kinder wird mehr oder weniger ignoriert oder unter der Bezeichnung „Eltern“ subsummiert. Trainingsprogramme, die Elternschaft verbessern wollen, sind auf Mütter fokussiert und nicht auf Väter zugeschnitten (Tschöpe-Scheffler, 2003). In der gängigen Praxis von Wohlfahrts- und Bildungsinstitutionen werden Väter kaum einbezogen. Sogar in benachteiligten Familien, die von staatlicher Sozialunterstützung leben, haben Väter keinen nennenswerten Stellenwert. Dies ist umso bedenklicher, als in der aktuellen Sozialarbeit darüber diskutiert wird, dass insbesondere Väter aus sozial-benachteiligten Milieus kindliche Sozialisierungsprozesse beeinflussen. Mögliche negative Einflüsse der Vaterschaft auf die Entwicklung von Kindern könnte deshalb gerade durch die Einbeziehung der Väter verbessert und sogar zum Guten gewendet werden (O’Donnell et al., 2005; Taylor & Daniel, 2000; Lupton & Barclay, 1997).
Eine Grundlage für bessere Perspektiven auf all diese Probleme könnten die Ergebnisse der CENOF Forschungsstudie darstellen, deren Projekte väterliches Verhalten in unterschiedlichen Zusammenhängen konsequent erfasst, wie väterliches Zeit-Investment (Event-Sampling-Methode), Vater-Kind-Bindung (Attachment-Q-Sort) oder Vater-Kind-Interaktion (Video-Codierungen). Darüber hinaus untersucht Projekt VI auch, wie Väter den Bildungsweg von Kindern von den frühesten Anfängen an beeinflussen können. Die bisherige Forschung hat dieses Thema bislang ausgeklammert, möglicherweise, weil sich die bisherige Bildungsforschung an kognitiven und sprachorientierten Lernergebnissen und weniger an den Lernprozessen an sich orientiert hat (vgl. Ahnert et al., 2013; Ahnert & Harwardt, 2008). Möglicherweise können jedoch väterliche Auswirkungen auf den Lernprozessen entdeckt werden, die im Projekt VI als Lernfreude und Leistungsmotivation zentrale Bestimmungsstücke der Untersuchungen sind.
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